Von Bäumen und Menschen: ein besonderes Kunstprojekt für Senior:innen

„Das sind ja lauter Kunstwerke!“ Wieder und wieder entfährt es Peter Brodbeck beim Blick auf die Bilder, die im Rahmen eines ganz besonderen Kunstprojekts entstanden sind. Einige der Kunstwerke stammen auch von ihm, und so mischt sich in die Freude über die Schönheit der gemalten Bilder auch etwas Stolz über die eigenen Beiträge. Denn der 93-Jährige war – neben sieben anderen hochbetagten Bewohnerinnen und Bewohnern des Seniorenzentrums Haus Augustinus – Teilnehmer eines offenen Kunstprojekts, das in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich war.

Unter dem Motto „Alt wie ein Baum möchte ich werden...“ des gleichnamigen Hits der Puhdys waren ältere Menschen eingeladen, sich vom Baum als Symbol für das eigene Leben inspirieren zu lassen. Die Wurzeln als Sinnbild für Heimat und das, was geprägt und genährt hat, die Jahresringe für das in vielen Jahrzehnten Durchlebte und schließlich auch die Früchte des eigenen Lebens erlaubten viele Bezüge und Anknüpfungspunkte, die Annegret Hiekisch, Referentin für Quartierspastoral und Koordinatorin des Projekts, zu Beginn der beiden Nachmittage herstellte. Nach der inhaltlichen Einführung ging es dann an die praktische Umsetzung. Nach erfolgter Grundierung der Bilder wurden mit verschiedenen Drucktechniken Naturmaterialien mit Farben verbunden. Dabei entstanden sehr vielfältige Bilder, einzigartig und berührend, Zeichen auch der Einzigartigkeit der Künstlerinnen und Künstler im Alter zwischen 79 und 93 Jahren.

Nach dem erfolgreichen Web- und Erzählprojekt im vergangenen Jahr, das in Kooperation mit dem Sindelfinger Stadt- und Webereimuseum stattgefunden hatte, verband dieses Folgeprojekt wieder ganz neue Vernetzungspartner. Gefördert von der Dr. Angelika Sischka-Stiftung für Obdachlose war von Anfang an beim Blick auf die Themenfelder Wurzeln und Heimat auch die Erfahrung von Entwurzelung und Heimatlosigkeit mitbedacht worden. Und so boten sich in der Kooperation mit der Stuttgarter Künstlergruppe „Outsider“, deren „Galerie Sichtbar“ von der Caritas Stuttgart finanziert wird, wunderbare Anknüpfungspunkte. Ali K., langjähriges Mitglied der Künstlergruppe, 2004 aus dem Irak geflüchtet und seitdem mit unsicherem Status in Deutschland lebend, begleitete das Projekt als künstlerischer Referent so feinfühlig wie kompetent.

Schnell entstand im Lauf des gemeinsamen künstlerischen Gestaltens ein unsichtbares Beziehungsnetz, in dem Milieu-, Alters- und Sprachbarrieren auf berührende Weise überwunden wurden. Dies zu erleben entlohnte für all die Gedanken und Mühen, die das Vorbereitungsteam, das neben Sozialdienstmitarbeiterinnen aus dem Haus Augustinus auch von der Sindelfingerin Sig Brommer als Ehrenamtliche der Kirchengemeinde St. Joseph tatkräftig unterstützt wurde, in die Vorbereitung und Durchführung des Projekts gesteckt hatten.

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